Freitag, 20. Mai 2016

[Gastrezension] Im Glanz der Welten: In den Nordlanden von Åsa Böker

Name: Im Glanz der Welten: In den Nordlanden
Autorin: Åsa Böker
Verlag: Valkyren Verlag
Erschien: 1.Mai.2016
Seitenanzahl: 266 Seiten
E-Book: 4,99€












Inhalt:


Die sechzehnjährige Silke aus dem schwedischen Silvbro flüchtet nach einer Mobbingattacke in die Anderswelt »Nordland«. Nach dem Übergang begegnet sie zwei gleichaltrigen Mädchen, die sich bereits im Leben behaupten mussten: Yrsas Mutter wurde als Hexe verbrannt und Unna ist gezwungen, als riesenhafte Missgeburt in der Schmiede ihres Vaters zu schuften. Zusammen machen sich die Mädchen auf, dem Jahrhundertereignis Nordlands zu folgen: Leit. Unter Bewachung von grimmigen Soldaten ziehen eintausend zwangsrekrutierte Pflückerinnen aus, um die heiligen Diamantblumen zu ernten, die im unwegsamen Moor Fenmarken wachsen. Den Befehl über alle hat der ehrgeizige Anführer Crispin Silberschwert, der die Ehre seiner Familie wiederherstellen muss. Doch die Arbeit im Moor ist gefährlich und nicht alle Mädchen werden Leit überleben. 

Meinung:


„Im Glanz der Welten“ ist das erste Buch des Valkyren Verlages, der sich nordische Phantastik und Mythologie auf die Fahnen geschrieben hat. Ich konnte mir noch nicht so recht vorstellen, was man – außer Nacherzählungen der typischen Sagen – für Phantastik daraus machen könnte. Aber neugierig war ich, als ich vor längerer Zeit beschloss, diese Verlagsneugründung auf Facebook im Auge zu behalten. Und gelohnt hat es sich für mich schon jetzt auf jeden Fall. :-)

Schon das Cover des Buches hat etwas an sich, das einen sofort in das Geschehen hineinziehen möchte. Man fragt sich, wer dieses Mädchen ist und was es mit dem Reiter im Hintergrund auf sich hat. Mir gefällt es auch viel besser als das Original.

Die Geschichte beginnt bei Silke in unserer Welt und beschreibt eine Situation, die leider viel zu oft vorkommt: In der Schule von seinen Mitschülern gemobbt und runtergemacht zu werden, ohne sich richtig dagegen wehren zu können, ist kein Spaß. Dummerweise kommen Silkes Peiniger auch in ihre neue Klasse im Gymnasium, so dass sie trotz guter Vorsätze ihrerseits aus ihrem alten Status nicht herauskommt. Ben, in den sie heimlich verliebt ist, bemerkt sie immer noch nicht – und als Silke bei einem Fest wegen ebendieser heimlichen Schwärmerei vor aller Augen bloßgestellt wird, mit einer fiesen Facebook-Webseite als Zugabe, flüchtet sie bei nächster Gelegenheit in eine fremde Welt – oder eher in eine fremde Zeit. Sie hofft, dort für einige Zeit Ruhe zu finden, ohne zu wissen, auf welch gefährliches Abenteuer sie sich damit eingelassen hat. Der Weg zurück ist ihr durch eine eigene Entscheidung versperrt.

Die Autorin schreibt sehr lebendig und ausdrucksstark. Sie gibt ihrem Leser genug Zeit und Raum, die Charaktere und ihre Welten kennenzulernen, hetzt nicht von einer Actionsequenz in die nächste, was mir sehr gut gefällt. An der Seite von Silke, Unna, Yrsa, Crispin und auch Ben wandert man durch die Geschichte. So bleibt auch unsere Welt nicht ausgespart, wo Silkes Verschwinden natürlich nicht unbemerkt bleibt und zumindest bei Ben nach einer gewissen Zeit für einen lichten Moment sorgt. Obwohl er noch die Kurve kriegt, nehme ich ihm seine gedankenlose Mitlauferei vom Anfang trotzdem etwas übel.

Silke ist ein Charakter mit viel Entwicklungspotential. Erscheint sie zu Beginn noch recht hilflos und gefangen in ihrer Opfer-Rolle, in die sie von ihren Mitschülern gezwängt wird, so traut sie sich auf ihrem Weg in den Nordlanden immer wieder etwas mehr zu, wird eigenständiger und sicherer. Sie findet dabei nicht nur ihre innere Stärke, sondern auch Freundinnen – und den Beginn einer Liebe, deren weitere Entwicklung noch vollkommen ungewiss ist. Diese Liebesgeschichte steht aber nicht im direkten Fokus, was ich als sehr angenehm empfinde. Außerdem bringt Silke einige Dinge und Fähigkeiten aus ihrem bisherigen Leben mit, die ihr gute Dienste leisten – sei es ihr Talent im Orientierungslauf, das ihr beim Leit hilft, oder eine ganz profane Taschenlampe, die im richtigen Moment überlebenswichtig ist. Dass es Zicken und Idioten auch in einer fremden Welt gibt, muss Silke früh lernen – aber hier lernt sie auch, etwas pragmatischer mit ihnen umzugehen und sich nicht alles gefallen zu lassen. Erfahrungen, die ihr in ihrer eigenen Welt helfen werden. Zum Glück lernt nach alledem auch ihre Mutter dazu (nix gegen die Esoteriker, aber man kann es wirklich auch übertreiben …).

Einen winzigen Kritikpunkt nur möchte ich anmerken: da die Geschichte eine Übersetzung aus dem Schwedischen ist, hat es mich gewundert, Begriffe wie „Kita“ oder „Kinderkanal“ wiederzufinden (in Schweden heißen die sicher anders) oder über einige sehr umgangssprachliche Elemente zu stolpern, wie „vorglühen“. Das empfand ich als nicht so ganz passend in der sonst wunderschönen Sprache, aber das tat dem Lesevergnügen keinen Abbruch.

Einige Sagenelemente, die in der Geschichte verwoben wurden, waren mir bekannt, andere durfte ich neu kennenlernen. Statt Drachen, schwertschwingenden Helden oder Heilerinnen gibt es hier Schmiedegesellinnen, Sammlerinnen, Moor ohne Ende und seltene Diamantblumen zu entdecken. Alles natürlich inklusive einiger gefährlicher Geschöpfe, denen man nicht allein im Dunkeln begegnen möchte (jedenfalls nicht ohne Taschenlampe …). Ich freue mich, dass ich diese spannende Geschichte gefunden habe, und warte neugierig auf den zweiten und dritten Teil.




Verfasst von: Silvia Krautz


5 von 5 Füchsen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen